Die Macht der Kunst

Die Serie ist top, was die Schauspielenden privat so treiben eher flopp. Dürfen wir trotzdem dranbleiben?

Um abzuschalten, schalten wir oft ein: Filme oder Serien. Nach einem anstrengenden Tag lassen wir uns gerne unterhalten, manchmal auch nur berieseln. Hauptsache: Runterkommen. Wer hinterfragt da schon gerne, ob die Serie, die da gerade über den Bildschirm flimmert, auch moralisch vertretbar ist? Nicht aufgrund ihres Inhalts, sondern wegen der mitwirkenden Künstler:innen.

Werk vs. Kunstschaffende
In den letzten Jahren sind immer wieder Skandale ans Licht gekommen. US-Schauspieler Kevin Spacey beispielsweise soll mehrfach Männer sexuell missbraucht haben. Zwölf Delikte werden ihm vorgeworfen.
Zeitgleich läuft die extrem erfolgreiche Fernsehserie „House Of Cards“ mit Spacey in der Hauptrolle und als Mitproduzent. Eine Zerreißprobe für alle Fans: Ist es okay, weiterzuschauen? Lässt sich die Serie mit diesem Hintergrundwissen überhaupt noch genießen? Ein anderes Beispiel ist die Harry-Potter-Autorin J.K. Rowling, die sich immer wieder transfeindlich äußert. Reicht es in dem Fall, nur die Bücher zu verbannen oder sollten auch die Filme dran glauben?

Cancel Culture lässt grüßen
Die berühmte Frage, ob Werk und Autor:in trennbar sind, taucht in der Kunst immer wieder auf. Für die Literatur hat sich der französische Philosoph Roland Barthes 1967 in einem Essay für den „Tod des Autors“ ausgesprochen. Demnach existiere das Werk losgelöst von den Kunstschaffenden und nur die Leser:innen würden dem Text einen Sinn verleihen.
Auf den Inhalt bezogen ist das leicht anzuwenden. Doch im Falle von Schauspieler:innen, die sich Fehltritte leisten, kommt noch die moralische Komponente dazu und mit ihr die wachsende „Cancel Culture“. Wer sich falsch verhält, wird boykottiert. Je nach Schwere der Straftat ist das auch durchaus angebracht. Und mit dem zusätzlichen Verzicht auf die Kunst kann man ein persönliches Zeichen setzen, bestehende Strukturen nicht weiter zu unterstützen. Aber bringt es was, wenn wir uns eine Serie verbieten, an der wir Spaß haben?

Konsequenzen von oben
Natürlich muss jede Person ihre eigenen Grenzen setzen. Aber die Entscheidung alleine auf die Konsument:innen abzuwälzen, halte ich für unangemessen. Viel eher sollten Produzierende oder Regisseur:innen, also diejenigen mit Einfluss, zur Verantwortung gezogen werden, indem sie bestimmte Schauspieler:innen einfach nicht mehr besetzen. Im Fall von Kevin Spacey ist das auch gelungen. Die Produktionsfirma hat ihn entlassen und seine Figur in der sechsten Staffel gestrichen.
Die Serie kommt also auch ohne den Schauspieler aus. Mit den Problemen zwar im Hinterkopf, können wir das Werk trotzdem abkoppeln – und erfahren, dass es größer als der Künstler ist. 

Foto Patrick Harbron/Netflix

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Laura Schlottke

Geschrieben von Laura Schlottke

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„Man muss also kein Film-Nerd sein, um das zu verstehen.“

„Until The Sun Comes Up“