Szenekenner Falk-Martin Drescher über
verstummte „Support Your Locals“-Rufe
Über den bisherigen Verlauf der Corona-Pandemie hieß es lange: Wir müssen die hiesige Kultur- und Gastroszene unterstützen. Instagram-Seiten wurden gegründet, Gutscheine gekauft und Solidaritätskäufe unternommen. Doch die fetten Support-Jahre sind vorerst vorbei. Zwischen Pandemie, Krieg, gestiegenen Preisen und einem unsicheren Winter bleibt das Geld lieber erst einmal im eigenen Portemonnaie. Die Konsumdestinationen – ganz gleich ob Einzelhandel, Gastronomie oder Eventbranche – bekommen das zu spüren. Hier wird oft als Erstes gespart.
Breitseite für die Gastronomie
Das merken auch die hiesigen Restaurants. Und die hat es ohnehin schon getroffen: Gestiegene Lebensmittelpreise, Energiekosten und Ausgaben für Personal – sofern überhaupt genug Mitarbeitende gefunden werden. Auf den Mittagskarten hat es sich zuletzt beispielsweise schon bemerkbar gemacht: Die Luft wird etwas dünner und die Mahlzeiten dementsprechend etwas teurer.
Was ist die Lösung? Seit einigen Wochen geistert die Idee eines Eintritts für Restaurants durch die Städte. In den Discotheken völlig selbstverständlich – ich meine, hier legt ein DJ auf, ich bekomme also per se etwas geboten – aber in Restaurants? In Städten wie Oldenburg und Osnabrück hat manch:e Betreiber:in den Anfang gemacht, andere haben wiederum eine Energiepauschale eingeführt.
Noch einmal Anlauf nehmen
Zwei Euro Eintritt, um deinem Abendessen näherzukommen – würdest du das ausgeben? Gute Frage. Die „Support your local Dealer“-Rufe sind langsam verstummt. „Unsere“ Lieblingsläden wollen wir weiterhin erhalten, aber auch das Geld beisammenhalten. Wer weiß schon, was die nächsten Monate bringen. Für die Locals macht es das nicht einfacher. Vor allem: Sie werden irgendwann einfach nicht mehr da sein. Dass die Umstände der vergangenen Jahre nicht zu einer größeren Schließungswelle geführt haben, gleicht einem Wunder und ist vermutlich einer Mischgemengelage aus Förderprogrammen, privatem Erspartem und maximalem Berufsoptimismus zu verdanken. Noch einen Winter wird diese Rechnung aber eher nicht aufgehen.
Ich bin in einem Interview mal gefragt worden, was wir tun können, damit die Innenstadt vielfältig bleibt. Die Antwort ist einfach: Hingehen. Mit unseren Amazon-Einkäufen wird die City sicher nicht gerettet. Gleiches gilt für die Gastronomie: Bedauern und Schulterklopfen reichen nicht. Wenn wir „unsere“ Favoriten durch den Winter bringen wollen, dann müssen wir noch einmal Anlauf nehmen. Dass sich der Eintrittsgedanke durchsetzt, ist eher unwahrscheinlich. Sehr wahrscheinlich ist hingehen, dass wir die Lage der Gastronomie an den Preisen auf den Getränke- und Speisekarten ablesen können.
Bei dem Abendessen außer Haus also am besten genau daran denken: Da möchte sich nicht etwa jemand die Taschen vollmachen – sondern einfach nur seinen Betrieb erhalten.
Eine Kolumne von Falk-Martin Drescher
Der Braunschweiger Falk-Martin Drescher (31) ist Inhaber
einer Kommunikationsagentur und engagiert sich unter anderem als
Vorstandsvorsitzender im Kultviertel. In seinem Newsletter
„The Dude“ informiert er wöchentlich über das Szeneleben der Region.
Fotos Kieper FilmFotografie, Robert Wiebusch
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