Aus der Wissenschaft heraus gründen?

Gründer und Berater Samir J. Roshandel über die „German Angst“
und was Wissenschaftler:innen vor dem Gründen zurückhält.

Die Region Braunschweig gehört zu den forschungsintensiven Regionen Europas. Neben Hochschulen wie der TU Braunschweig, der Ostfalia und der Hochschule für Bildende Künste forschen eine Reihe von weiteren Forschungsinstituten an den Innovationen von morgen. Die Infrastruktur sowie die Rahmenbedingungen bieten für die Wissenschaftler:innen die notwendige Fokussierung, um erfolgreich neue Patente zu schaffen. Betrachtet man jedoch die Zahl der Patentverwertung in Form von Unternehmensgründungen, so stellt man fest, dass Deutschland zu den Ländern mit der geringsten Verwertung und damit Gründung aus der Wissenschaft gehört. Der Wohlstand im Land kann nicht von Patenten, welche in den Schubladen liegen und nicht verwertet werden, gesichert werden, sondern vielmehr davon, wenn aus Forschungsergebnissen Produkte und Unternehmen entstehen.

 

Am 9. Juni haben sich 32 Speaker:innen im Rahmen der Veranstaltung Transfer X in der Volkswagen Halle Braunschweig mit der Fragestellung auseinandergesetzt, wie wir in Niedersachsen die Ausgründung aus der Wissenschaft steigern können. Prof. Dr. Stefan Dübel, der bereits zahlreiche Spin-offs aus der Wissenschaft hervorgebracht hat, ist fest davon überzeugt, dass in Deutschland und insbesondere in Niedersachsen die Qualität und das Potenzial der Studierenden und Wissenschaftler:innen hervorragend sind. Auch Prof. Dr. Torsten Kroeger, ehemaliger Student und Doktorand der TU Braunschweig, hat aus der Wissenschaft sein Unternehmen gegründet und es wenige Jahre später an Google verkauft. Mit dem Verkauf des Unternehmens ist er für einige Jahre ins Silicon Valley zu Google gewechselt. Prof. Dr. Kroeger bestätigt die Innovationsfreudigkeit der Deutschen und attestiert zugleich, dass in Deutschland Hindernisse für Gründer:innen geschaffen werden.

Zu den genannten Hindernissen gehören sicherlich und vor allem die bürokratischen Hürden. Bei der Unternehmensgründung geht es um Geschwindigkeit. Bei den staatlichen Fördermitteln wie beim EXIST Gründerstipendium sollten Gründer:innen viel Zeit für die Erstellung und Ausarbeitung des Antrags sowie die Bearbeitungsdauer kalkulieren. Dabei gibt es keine Sicherheit, ob der Antrag auf das Stipendium auch genehmigt wird. Diese Unsicherheit, viel Zeit und Arbeit in Anträge zu investieren, ohne den Ausgang zu kennen, schreckt viele Wissenschaftler:innen vor einer Ausgründung aus der Wissenschaft ab. Insgesamt wird für Gründer:innen sowie für die, die es werden wollen, mehr Wachstumskapital gefordert. Vielmehr sollten Gründer:innen die Möglichkeit erlangen, unkompliziert mit einem Pitch und dem direkten Austausch mit den Investoren:innen an Seed- und Wachstumskapital zu gelangen. Hier sind auch die Investor:innen in Deutschland gefordert, mehr Mut zu zeigen und in Innovationen zu investieren, die eventuell noch von Unsicherheit geprägt sind. Die Kultur der „German Angst“ ist in Deutschland sowohl bei den Investoren:innen als auch bei potenziellen Gründer:innen zu erkennen.

Des Weiteren müssen die Wissenschaftler:innen, die eine Ausgründung aus der Wissenschaft anstreben, sich mit den rechtlichen Aspekten auseinandersetzen. Wem gehören eigentlich die Forschungsergebnisse? In Deutschland gilt grundsätzlich, dass sämtliche Forschungsergebnisse, die an einer Universität oder Hochschule erzielt wurden, den genannten Einrichtungen gehören. Hier müssen sich die zukünftigen Gründer:innen mit komplizierten Verhandlungen und Verträgen der jeweiligen Einrichtungen auseinandersetzen. Allerdings haben sich in den vergangenen Jahren in der Transferstrategie bedeutsame Entwicklungen zugunsten von potenziellen Gründer:innen aus der Wissenschaft ergeben. Insgesamt sind die Entwicklungen vorhanden, wir müssen jedoch Geschwindigkeit aufnehmen und die „German Angst“ hinter uns lassen.

 

Fotos vectorfusionart-stock.adobe.com, Samir J. Roshandel

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