Schloss Museum Wolfenbüttel „Goldglanz, Holz und Stuckmarmor – Altes Handwerk in neuem Licht“ bis
11. Sept.| Schloss Museum (WF)
museumwolfenbuettel.de
Das Schloss Museum Wolfenbüttel widmet sich bis zum 11. September dem Kunsthandwerk in seiner Sonderausstellung „Goldglanz, Holz und Stuckmarmor –Altes Handwerk in neuem Licht“.
Besonders schöne Dinge entstehen, wenn Kunst und Handwerk verschmelzen: fein verzierte Barockmöbel, handbemaltes Porzellan, prunkvolle Goldarbeiten. Das Kunsthandwerk hat eine lange Tradition – auch im Braunschweiger Land. Im 18. Jahrhundert entwickelte sich die Löwenstadt durch die Braunschweiger Messe, den Residenzwechsel und die wirtschaftsfreundliche Politik Herzog Karls I. sogar zu einer Hochburg der Möbelherstellung. Der Begriff Braunschweiger Möbel ist somit mehr als eine reine Standortbezeichnung. Er steht für schlichte Möbel, die aber trotzdem durch ihre kostbaren, reich dekorierten Oberflächen auffallen.
Dieser Art von Kunst huldigt nun das Schloss Museum Wolfenbüttel mit seiner Sonderausstellung „Goldglanz, Holz und Stuckmarmor – Altes Handwerk in neuem Licht“. Neben dem Anblick prachtvoller Objekte bietet die Ausstellung auch die Chance, selbst kreativ zu werden: Workshops, Vorträge, Themenführungen und eine Besucherwerkstatt ermöglichen es, Handwerkskunst persönlich zu erleben, zu erfahren und auszutesten.
Zitate der Zeit
Die Idee zur Ausstellung „Goldglanz, Holz und Stuckmarmor – Altes Handwerk in neuem Licht“ kam Museumsdirektorin Dr. Sandra Donner beim Durchzappen des Fernsehprogramms an einem Sonntagnachmittag. Dabei stieß die Historikerin auf den Beitrag „Traumhäuser im Norden“. „Dort ging es um ein neu gebautes Haus an der Weser mit einem ganz besonderen abgerundeten Dach, das nach traditionellem Vorbild mit Biberschwanzziegeln gedeckt wurde, die ein Wolfenbütteler Dachdeckermeister herstellte“, erzählt Dr. Donner.
Traditionelle (Kunst-)Handwerkstechniken sind Teil unseres immateriellen Kulturerbes. Allerdings sind Handwerker:innen, die diese Arbeitstechniken beherrschen, rar gesät. Dabei sind gerade sie unerlässlich für den Erhalt historischer Gebäude – so etwa auch für das Schloss Museum Wolfenbüttel, denn Rekonstruktionen und Restaurierungen erhalten schließlich die Zitate unserer Vergangenheit.
Den entscheidenden Anstoß für die Ausstellung gab jedoch eine geschätzte Leihgabe, die das Schloss Museum erreichte. Günter Ognibeni war einst leitender Restaurator im Braunschweigischen Landesmuseum und eröffnete anschließend eine Werkstatt, die historische Handwerkstechniken vermittelt. „Er suchte nach einem ordentlichen Platz, um vieles aus seinem Restauratorenleben weiterzugeben. So sind wir zu den Objekten gekommen, die diese Ausstellung maßgeblich geprägt haben“, freut sich Dr. Sandra Donner.
So etwa zu den eleganten Lackdosen aus der Braunschweiger Manufaktur Stobwasser, die 1763 gegründet wurde und 100 Jahre bestand. Stobwasser steht noch heute für eine einzigartige Technik mit hohem kunsthandwerklichen Anspruch. Die hochwertigen Dosen und Etuis wurden aus Holz, Metall oder Pappmaché gefertigt. Die handgemachten Waren aus Pappmaché bestünden sogar aus 20 Lagen Lack, erklärt Museumspädagogin Stella Gilfert: „Was uns lange nicht bekannt war, ist, dass man aus den Resten des Pappmachés eine Asche herstellte, die man auf die Objekte auftrug und die der Grund dafür sind, dass diese Dosen so unglaublich fest und stabil sind.“ Am Ende jedes Herstellungsprozesses wurden die kleinen Kostbarkeiten von speziell ausgebildeten Malern veredelt, die mit präzisen Pinselstrichen kleine Miniatur-Gemälde aufmalten. Diese einzigartige Handwerkskunst macht Stobwasser-Lackwaren zu begehrten Sammlerstücken.
Darüber hinaus bietet die Ausstellung noch weitere außergewöhnliche Exponate – teilweise aus dem Bestand des Schloss Museums, teilweise aus Privatbeständen, die es deshalb in dieser Form nicht wieder zu sehen geben wird: So präsentiert das Museum etwa zwei von insgesamt fünf Sammlungsschränken des Wolfenbütteler Leibarztes Johann Heinrich Burckhardt (1676 – 1738). Die massiven Holzschränke tragen daher sowohl das Wappen als auch die Initialen des ehemaligen Stadtphysikus; ihre verdeckten Schlüssellöcher und reichen Verzierungen sind wiederum typisch für Braunschweiger Möbel. „Obwohl dieser Schrank als Serie hergestellt wurde, sieht man auch Veränderungen und Abweichungen“, zeigt Museumsleiterin Dr. Donner, während sie einen der Schränke mit einem weißen Baumwollhandschuh öffnet, „man sieht, dass zum Teil verschiedene Handwerker daran beteiligt waren. Ein Objekt trägt also auch die Handschrift des Machenden und das kann man hier schön an den Verzierungen sehen.“
Prächtig wirken ebenso die mit Glasperlen bestückten Tische aus der Corallenfabrik van Selow und das wunderschön verzierte Fürstenberg-Porzellan, zu dem Stella Gilfert meint: „Hier ist es wichtig zu definieren: Wo ist das Handwerk und was macht es zum Objekt des Kunsthandwerks? Nämlich in dem Moment, in dem Unikate entstehen und ein Künstler seine eigene Handschrift hinterlässt.“
Üben und Erfahren
Da das implizite Wissen der Kunsthandwerker:innen nicht in einer Vitrine ausgestellt werden kann, sondern nur durch seine Anwendung sichtbar wird, dürfen die Besucher:innen selbst „Hand anlegen“. Drum bietet das Schloss Museum etwa am 9. und 10. Juli einen zweitägigen Workshop zur „Einführung in die Technik der Porzellanmalerei“ an; am 20. und 21. August findet hingegen ein „Intensivkurs zur Einführung in die Technik des Vergoldens“ statt. Zusätzlich öffnet die Besucherwerkstatt jeden Sonntag von 10.30 bis 16.30 Uhr seine Türen. Die Museumsgäste können sich dann an vereinfachten Handwerkstechniken ausprobieren.
Abgerundet wird das Rahmenprogramm zur Sonderausstellung von einigen Vorträgen. Am 4. August spricht beispielsweise Joachim Rust, ein europaweit geschätzter Restaurator und Sachverständiger aus Sickte, im Theatersaal des Schlosses über die Restauration historischer Fassaden.
Parallel zur Präsentation im Schloss Museum zeigt das Wolfenbütteler Prinzenpalais die Ausstellung „Wechselwirkung von Kunst und Handwerk in der Geschichte der Tasteninstrumente“, in der die wichtigsten Etappen des Instrumentenbaus anhand von Originalinstrumenten dargestellt werden.
Kunsthandwerker:innen schaffen Unikate, die so erstklassig und bedeutend sind wie das Kunsthandwerk selbst.
Fotos Stadt Wolfenbüttel
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