Kunstspielräume

Kunstverein
bis 25. Juli /„Where the Tide Takes Us“ –
Karrabing Film Collective, Rory Pilgrim
„Hintertür“ – Carolyn Lazard
3. bis 29. August
Meistersschüler_innen
kunstvereinbraunschweig.de

Der Kunstverein Braunschweig widmet sich der zeitgenössischen Kunst und tritt mit wechselnden Ausstellungen als lebendiger Ort des Austauschs und Dialogs auf.

Kontrastreich zeigt sich die Villa Salve Hospes am Lessingplatz: Während die Architektur des hochherrschaftlichen Stadtpalais von 1805 im frühklassizistischen Stil daherkommt, beherbergt der Innenraum ausnahmslos zeitgenössische Kunst – ausgestellt vom Kunstverein Braunschweig, der seit 1946 in der Villa residiert und zu den renommiertesten Kunstvereinen Deutschlands zählt. In jährlich bis zu acht Einzel- oder Gruppenausstellungen werden dort gesellschaftlich relevante Positionen zu Themen der Gegenwart wie Identitätsfragen, Globalisierung und Politik präsentiert.

 

„Zeitgenössische Kunst ist uns extrem nah“, verrät Dr. Jule Hillgärtner, Direktorin des Kunstvereins Braunschweig, „KünstlerInnen sind wie Seismographen unserer Gesellschaft, die sensibel auf das reagieren, was gerade passiert und Fragen aufwerfen, die uns beschäftigen beziehungsweise beschäftigen sollten.“ So achtet der Kunstverein beim Kuratieren neuer Ausstellungen besonders auf aktuelle Strömungen – immer mit dem Anspruch, etwas Innovatives zu zeigen.

Eine Begegnung zweier augenscheinlich konträrer Pole ist noch bis zum 25. Juli in der Villa Salve Hospes zu erleben: Bei der Duo-Ausstellung „Where the Tide Takes Us“ fließen die Exponate des britischen Jungkünstlers Rory Pilgrim und des Indigenen Karrabing Film Collective zusammen und thematisieren die wohl größte Herausforderung unserer Zeit: den Klimawandel. Wie Ebbe und Flut verändert sich die Ausstellung stetig und wird von Raum zu Raum flutender. Das Screening der zahlreichen Filmarbeiten ist an den Hamburger Wasserpegel angepasst, weshalb die Eintrittskarte zu „Where the Tide Takes Us“ mit einem Sticker versehen ist, damit die Ausstellung immer wieder besucht und jedes Werk allumfassend erlebt werden kann.

Zur selben Zeit gastiert in der Remise, dem kleinen Nebengebäude der Villa Salve Hospes, das Projekt „Hintertür“ von Carolyn Lazard. Bereits durch die Verlegung des Ausstellungseingangs für einen barrierefreien Zugang lenkt die US-amerikanische Künstlerin den Blick auf die Hindernisse und Beeinträchtigungen, die Menschen aufgrund eines Handicaps, ihrer Herkunft oder ihres sozialen Standes erfahren müssen. Mit ihrer Videoarbeit „Red“ reiht sich Lazard in die Tradition von Flicker-Filmen ein. Um den genretypischen, stroboskopischen Effekt für jeden erträglicher zu machen, entwickelte sie eine Zwei-Kanal-Videoinstallation. Mittels einer räumlich vorgeschalteten Bildebene können BesucherInnen die verschiedenen Phasen und Intensitäten der Projektionen verfolgen und individuell entscheiden, ob und zu welchem Zeitpunkt sie den Raum betreten.

Der August wiederum steht ganz im Zeichen der HBK-MeisterschülerInnen: Zum zweiten Mal in Folge präsentiert der Kunstverein Braunschweig vom 3. bis 29. August sowohl in der Villa Salve Hospes als auch in der Remise die Abschlussarbeiten aller MeisterschülerInnen und verspricht wieder ein Publikumserfolg zu werden.
Da sich nun die pandemische Lage immer weiter lockert und Besuche im Kunstverein ohne Terminvereinbarung wieder möglich sind, strömen BesucherInnen mit Freude und Neugier in die Galerie für zeitgenössische Kunst, um sie vor Ort zu erleben. Dazu gehört auch: Wie fällt das Licht in den Raum? Wie knarzen die Dielen beim Bewegen? Ein Besuch im Kunstverein gleicht einer Entschleunigung. „Es ist ein Luxus-Raum für Wahrnehmung“, erklärt Dr. Hillgärtner, „wenn man sich auf zeitgenössische Kunst einlässt und man sich zu wundern beginnt, ist man schon auf der richtigen Spur, da das Werk meinen Wahrnehmungsgewohnheiten aus dem Alltag widerspricht.“ Nirgendwo anders findet man schließlich die Ruhe, um Kunst in all ihrer Pracht auf sich wirken zu lassen als in einer Galerie.

Fotos Stefan Stark

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Denise Rosenthal

Geschrieben von Denise Rosenthal

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