Eule Abholzen!

Am 29. April startet die Deutschlandtour der Rockband VAN HOLZEN mit einem Abstecher auf Braunschweigs Meile in die Eule/XO.

Angelehnt an diesen einen Trinkspruch könnte man auch „Van Holzen knallt am dollsten“ ins eigene Merksatz-Repertoire aufnehmen, einfach weil es stimmt. Die drei Ulmer Florian Kiesling, Jonas Schramm und Daniel Kotitschke sind seit ihrer quasi-Entdeckung 2015, inklusive Warner-Music-Plattenvertrag und dem Debütalbum „Anomalie“ von 2017 gern genannte Anwärter auf das musikjournalistische Ehrenprädikat: „Sollte man im Auge behalten“. Van Holzen holen aus dem altbewährten Fürst-Pückler-Eis der Musikgeschichte aka. Gitarre-Bass-Schlagzeug maximale Kraft mit starken Anleihen aus Stoner- und Desertrock heraus und garnieren dies dann mit ausgefuchst-metaphorischen Texten in deutscher Sprache. Nicht selten kryptisch, gleichzeitig doch zum Mitsingen und -tanzen. 2019 kam das Album „Regen“ und schließlich 2021 Album Nummer drei „Aus der Ferne“, mit dem Van Holzen nun nicht länger unter Warners Fittiche stehen, sondern jetzt selber die Release-Zügel halten. Dieses Album schlägt definitiv konkretere Töne an, arbeitet sich etwa am menschlichen Versagen beim Klimaschutz sowie an Aluhut-Verschwörungsbrudis ab. Januar 2023 erschien ihre erste Single des Jahres namens „Tauchen“. Dazu gesellte sich eine Tourankündigung quer durch Deutschland und wie es der Zufall will, machen die Jungs auch Halt bei uns: Tourauftakt ist das Konzert am 29. April in Braunschweigs Eule/XO. Na wenn das kein Grund für ein Interview ist? Hier sind Van Holzen-Gitarrist und Sänger Flo und Bassist und Backing-Vocalist Jonas im SUBWAY-Gespräch.

 


Vorab: Wer ist der beste Taucher von euch?
Flo Unser Schlagzeuger Daniel. Der hat lange Apnoetauchen gemacht, Tauchen ohne Flasche. Der kann auch immer noch echt lange die Luft anhalten, um die zweieinhalb Minuten so. Der macht die ganze Zeit so weirden Shit. Der war auch schon Kunstturner und kann golfen, da war Tauchen dann die logische Konsequenz der komischen Hobbys (alle lachen).

Habt ihr auch seltsame Hobbys?
Flo Leider gar nicht. Ich bin ich da völlig uninteressant: Kochen und ein bisschen Basketball.
Jonas Bei mir wäre es dann auch Kochen und Fitness, nichts Außergewöhnliches.
Flo Musik ist weird genug auf jeden Fall, da braucht man normale Sachen als Ausgleich (lacht).

Ihr seid schon vergleichsweise jung zu gewissem Erfolg gekommen und habt mit 16 bereits auf dem Southside-Festival gespielt und einen Majorvertrag unterschrieben. Was würdet ihr rückwirkend betrachtet vielleicht anders machen, was explizit nicht?
Flo Ich glaube eine Sache, an die wir uns auch jetzt noch immer wieder dran erinnern müssen, ist es sich genügend Zeit zu lassen. Ich denke mir öfter, ob es im großen Bild so viel Unterschied macht, ob ein Album jetzt ein halbes Jahr früher oder später rauskommt, ob ein Song eine Woche früher erscheint… Vielleicht schaut man also lieber nochmal, ob die Songs wirklich so geil sind, dass man hundert Prozent zufrieden ist. Dadurch, dass wir so früh losgelegt haben und dann nach dem Abi direkt unser Debütalbum rausgebracht haben, war erstmal alles sehr durchgetaktet. Da bleiben dann auch hier und da persönliche Entwicklungen etwas auf der Strecke. Andererseits macht man Dinge, für die man sich noch gar nicht wirklich bereit gefühlt hat, woran man letztlich auch wieder wächst. Schlussendlich muss man sagen, dass wir alles immer aus Freude und mit Bock gemacht haben und auch vieles nicht zu ernst genommen haben. Diese jugendliche Naivität ist uns an einigen Stellen voll zu Gute gekommen. Ich bereue gar nichts! (lacht).

Woher habt ihr so früh das Selbstbewusstsein gewonnen, so düster-derbe Texte zu singen?
Flo Ich glaube, das hat wieder viel mit dieser Naivität zu tun. Wir wollten auch einfach krass sein und dass die Musik kantig ist. Das war für uns einfach das Gefühl für diese Band. Textlich hatten wir damals auf Anomalie noch nicht die ganz eindeutige Message pro Song. Bei „Herr der Welt“ war das vielleicht ein bisschen klarer aber ansonsten war da noch alles recht kryptisch. Ich fand eben, dass es zu der Musik sehr gut passt, wenn man dann auch Worte verwendet, die zu dem Vibe beitragen. Mit Philipp Koch, der uns seit Anfang an bei Van Holzen als Produzent begleitet hat, haben wir das immer auch viel besprochen und beschlossen, dass wir viel nach dem Wortklang gehen, um zu schauen, dass Text und Musik zusammen gehen, damit es eben diese Krassheit bekommt. Davor haben wir zusammen ziemlich viel spaßigen Punkrock gespielt mit unserer alten Band, und hatten danach dann einfach Lust auf einen richtigen Bruch und wollten es so düster haben.

Die Erwartungshaltung, Material rauszubringen, hat sich mit dem Streamingzeitalter womöglich auch nochmal verändert, was meint ihr?
Flo Es ist heftig was für eine Frequenz an Output von Artists verlangt wird, einfach nur, um irgendwie die Algorithmen zu bedienen. Klar kann man sagen, „scheiß auf den Algorithmus, wir machen da nicht mit“ und so weiter, aber es übersetzt sich natürlich dementsprechend in die Realität, dass sich beispielsweise ein Festivalbooker die Streamingzahlen anschaut und daran deine Relevanz messen will. Das ist ein Thema, womit wir uns voll beschäftigen müssen, weil sowas am Ende darüber entscheiden kann, auf wie vielen Festivals du gebucht wirst.

Alben auszuproduzieren dauert natürlich seine Zeit…
Flo Als Rockband sind wir es gewohnt, Alben zu schreiben, uns viel Zeit dafür zu nehmen und alles auszuarbeiten. So richtig zeitgemäß, was das Hörverhalten der Menschen angeht, ist das nicht mehr. Mal schauen, wir versuchen dieses Jahr einfach Single für Single rauszuhauen, was natürlich ein krasses Pensum darstellt: Ein Release ist ja nicht nur die Musik raushauen, sondern auch die Promo drumherum. Gerade moderne Hip-Hop-Artists sind fast eher einfach Geschäftsmänner und Unternehmer, natürlich schon auch gute Musiker teilweise, aber die arbeiten nach einem krassen Businessplan, und das brauchst du mittlerweile. Bisschen abgefucked find ich: Es ist schon hart, wenn du kreativ sein willst mit einem straffen Zeitplan dahinter.

„Es ist heftig was für eine Frequenz an Output von Artists verlangt wird, einfach nur, um irgendwie die Algorithmen zu bedienen.“

Während Corona hatten manche Newcomer einen solchen Erfolg und wurden zu relevanten Artists, dass sie nach den Lockdowns praktisch ihr erstes Konzert vor Tausenden Leuten gespielt haben.
Flo Ich hab vor kurzem gelesen, das wertvollste Gut sei heutzutage Reichweite und Aufmerksamkeit. Alle sind auf der Jagd danach. Du musst als Veranstalter dann natürlich diese sehr reichweitenstarken Artists buchen, auch wenn die sich vielleicht nicht von Clubshow zu Clubshow gespielt haben und sich ihr Standing nicht durch starke Liveperformances erarbeitet haben. Festivals wollen Tickets verkaufen, ist natürlich auch klar. Live sieht man dann, denke ich, immer noch, ob das qualitativ wirklich heftig ist oder eher nur ein Internetding. Also alles cool, für uns passt das schon. Live gut sein ist immer noch viel wert.

Wie sieht so ein „Arbeitstag“ der Band aus?
Flo Während Corona und der Vorbereitung auf das letzte Album hat sich eingependelt, dass wir um 10:30 Uhr angefangen haben im Studio zu arbeiten. Hier schreiben wir Songs, werkeln daran herum. Songs schreiben macht aber letztlich vielleicht nur zwanzig Prozent der Zeit aus. Es gibt immer sehr viel zu organisieren, Touren planen, den Online-Shop führen. Die Pakete zu packen und zu verschicken ist auch viel Arbeit. Während Corona hatten wir auf jeden Fall einen guten Alltags-Groove. Zuletzt kamen dann auch wieder Gigs dazu, und Produktionen, sowohl für Van Holzen als auch für andere Artists, die ich dann in unserem Studio produziert habe. Bei mir sahen die letzten Monate auf jeden Fall so aus, dass ich übelst durchgearbeitet habe drei, vier Wochen und dann einfach platt war, dann drei vier Tage Pause und weiter gehts. Wochenenden hat man nicht wirklich. Wenn man produziert, sind das richtig asoziale Stunden, die man da am Tag arbeitet, also 13,14 Stunden teilweise (lacht). Danach dann wieder ein bisschen chillen, dann mal wieder n‘ Gig spielen. Alles sehr abwechslungsreich und unregelmäßig. Auf jeden Fall ist das kein nine-to-five Job. Dafür kann man sich alles selber einteilen. Im Februar haben wir zum Beispiel alle einen Monat lang Urlaub gemacht.

Macht ihr dann gemeinsam Urlaub?
Flo Nein, das wollen wir aber schon auch mal wieder machen. Ich meine, in erster Linie sind wir halt auch Kumpels, deshalb haben wir ja überhaupt angefangen gemeinsam Musik zu machen. Da muss man sich immer mal wieder die Zeit nehmen, die Freundschaft auch zu pflegen und nicht nur zusammen zu hustlen. Unsere Work-Life-Balance ist da auf jeden Fall voll im Arsch (lacht).

Am 29. April spielt ihr den Tourauftakt in der Eule in Braunschweig. Was verschafft uns die Ehre?
Flo Das hat logistisch gut gepasst mit den folgenden Tourstopps. Wir freuen uns sehr auf Braunschweig.
Jonas Ich erinnere mich an die letzte Braunschweiger Show im B58. War ein cooles Konzert, obwohl der Laden echt ne steile Feuertreppe hat, über die man sein Equipment reintragen muss (lacht).

Bisher war es in Ankündigungen eurer letzten beiden Touren auch immer ein Ding, mit eurer Supportband einen Song aufzunehmen. Im letzten Jahr war das ein Live-Cover von Wir Sind Heldens‘ – „Guten Tag“. Kommt da auch vor dieser Tour noch etwas auf uns zu?
Flo Haha stimmt, das wäre eigentlich die logische Konsequenz. Wir werden sehen, ob wir da noch was hinbekommen. Diesmal haben wir allerdings drei verschiedene Support-Acts dabei. In Braunschweig freuen wir uns auf die Unterstützung von den Jungs von Das Blühende Leben.

Foto Moritz Reulein

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Simon Henke

Geschrieben von Simon Henke

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Support Your Scene – April 2023

Ja, äh nein, ich meine jaaaaaaaaaaaa!