Eine Weihnachtsgeschichte

Nun steht die Entscheidung für die Weihnachtsgeschichte 2021 – “Kekse für den Weihnachtsmann”

Um ein bisschen Glanz und Glitzer in die nasskalte Vorweihnachtszeit zu bringen, haben wir im November gemeinsam mit der Braunschweigischen Landessparkasse einen Weihnachtsgeschichten-Schreibwettbewerb gestartet. Rund 20 Geschichten haben uns erreicht, die wir mit großer Freude gelesen haben – allerliebsten Dank für eure Mühe! Letztlich geht der große Preis an Mailin Weder und ihre herzerwärmende Story, die wir hier für euch abgedruckt haben. Herzlichen Glückwunsch und viel Spaß beim Stöbern mit dem Gutschein von Bücherwurm Braunschweig, liebe Mailin!

 

Kekse für den Weihnachtsmann
Ein Blick zur Uhr verriet, dass der Feierabend nahte und im Kopf ging ich schon mal durch, was ich heute noch alles erledigen musste. Es war der 17. Dezember und der Weihnachtsstress ging auch an mir nicht spurlos vorbei. Ich schnappte mir den Schlüssel für die Haupteingangstür der Bankfiliale, als diese sich noch mal öffnete und ein kleiner Junge hereinstiefelte. Mit der Mütze tief in die Augen gezogen und dem Schal über Mund und Nase konnte man nur wenig von seinem Gesicht erkennen. Verstohlen schaute er sich zu allen Seiten um und ich fragte mich, ob er zu viele Gangsterfilme gesehen hatte, dass er hier so auftrat.
„Kann ich dir helfen, kleiner Mann?“ Ich ging davon aus, dass er es auf das Bonbonglas auf dem Tresen abgesehen hatte. Er wäre nicht das erste Kind, das deswegen hier reinkam. Kinder und Tiere hatten einen sechsten Sinn dafür, wo es Leckereien gab.
Aber weit gefehlt. Der laufende Meter kam auf mich zu, zog seinen Schal herunter und winkte mich zu sich herab. Ich folgte seiner Anweisung und ging in die Hocke.
„Du bist doch die Bankfrau, oder?“
Ich musste schmunzeln.
„Ja genau, die bin ich.“
„Kannst du mir helfen?“
„Das kommt drauf an. Worum geht es denn?“
„Der Onkel Manfred arbeitet auch bei einer Bank und er sagt immer, wenn ich Geld zur Bank bringe und dalasse, dann wird es immer mehr. Und irgendwann ist das gut für meine Ausbildung.“
„Da hat dein Onkel Manfred recht.“ Ich glaubte aber kaum, dass sich ein Kind in dem Alter schon aktiv für eine Geldanlage interessierte. „Und du möchtest dein Geld jetzt sparen?“
Schuldbewusst blickte mich der Junge mit seinen großen Kulleraugen an. Aus seiner Tasche zog er eine Papiertüte, öffnete sie und zeigte mir den Inhalt. Darin drei oder vier zerbröselte Kekse. Lediglich den Keks in Form einer Sternschnuppe konnte man noch grob erahnen.
„Mama und ich haben Kekse für den Weihnachtsmann gebacken. Ich wollte sie auch dem Weihnachtsmann geben, wirklich! Aber die waren so lecker und dann …“
Er schluchzte und eine dicke Träne rollte ihm übers Gesicht, die vom Stoff seines Schals aufgesogen wurde.
„…  hast du sie aufgegessen?“
Zögerlich nickte der Zwerg. „Und jetzt bringt mir der Weihnachtsmann sicher keine Geschenke. Und Mama will ich das nicht sagen, weil dann muss sie ja wieder backen. Und das mag sie gar nicht gern.“
Ich bewunderte, dass der Junge mir gegenüber so ehrlich war, dennoch erschloss sich mir noch nicht, wieso er damit ausgerechnet zur Bank ging. „Und wie kann ich dir jetzt helfen?“
„Wenn ich die Kekse zur Bank bringe, dann werden sie doch auch mehr. So wie das Geld. Deswegen musst du die nehmen und hierlassen, bis der Weihnachtsmann kommt.“
Bei der Verkündung seines Plans funkelten seine Augen hoffnungsvoll und nun war ich es, die mit den Tränen zu kämpfen hatte. Kindliche Fantasien waren so grenzenlos und auch wenn meine kommenden Tage nur so vor Terminen strotzten, konnte ich den Jungen nicht einfach so wegschicken. „Weißt du was, das ist ein hervorragender Plan. Komm einen Tag vor Weihnachten, also am 23. Dezember, wieder her und dann wirst du sicher genug Kekse für den Weihnachtsmann haben.“ Erleichtert drückte er mir die Tüte in die Hand und verschwand.
Sechs Tage später brachte ich die Kekse, welche ich am Vortag gebacken und verziert hatte, mit zur Arbeit. Ein paar, darunter vegane, stellte ich den Kollegen hin, als endlich der kleine Junge in die Bank kam. Aufgeregt hüpfte er am Empfang auf und nieder. Ich nahm die zwei vorgefertigten Papiertüten und ging zu ihm.
„Reichen die Kekse jetzt?“
„Das will ich doch meinen.“
Ich öffnete eine der Tüten und sofort steckte er seine Stupsnase hinein.
„Und da bleiben sicher auch noch ein paar für dich über.“
Ich reichte ihm die Tüten und allein der dankbare Ausdruck in seinem Gesicht war Belohnung genug. Letztlich hatten wir uns wohl gegenseitig unser Weihnachtsfest gerettet, denn der Kleine bewies mir, dass es keiner teuren Geschenke bedarf. Kleine Gesten waren so viel mehr wert. Das versteht man wohl unter dem Geist der Weihnacht.

 

Geschichte Mailin Weder
Foto stockphoto-graf-stock.adobe.de

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