Die Kunst ist weiblich

Kristýna Španihelová
„Ich höre die Erde flüstern“ bis 1. April | Ony Dve (BS)
onydve.art

Mit Ony Dve eröffnete in Braunschweig im Sommer ’21 eine Kunstgalerie und Plattform für Womxn.

Inwieweit lassen sich Karriere und Mutterschaft vereinen? Eine Frage, die viele Frauen beschäftigt – auch in der Kunstszene. Die hochgelobte serbische Performance-Künstlerin Marina Abramović etwa entschied sich bewusst gegen das Muttersein. 2016 verriet die damals 70-Jährige dem Tagesspiegel, dass Kinder ein Desaster für ihre Arbeit gewesen wären. „Das ist meiner Ansicht nach der Grund, warum Frauen in der Kunstwelt nicht so erfolgreich sind wie Männer“, erklärte Abramović und sorgte mit dieser Aussage für Furore.

 

Die Kunstszene ist noch immer männlich dominiert. Das belegen etliche Studien oder ein Blick in zahlreiche Kunstgalerien. Aus diesem Grund gründeten die Freundinnen Soňa Kaban und Katerina Marshfield im vergangenen Sommer Ony Dve – eine Braunschweiger Galerie und Plattform für Womxn. „Wir sind eine inklusive Galerie und wollen einen Dialog eröffnen“, erklärt Katerina, „dafür steht auch das X in Womxn. Unsere tiefere Philosophie hinter dem Projekt ist: Wenn Frauen etwas in der Gesellschaft verändern wollen, dann müssen sie sich gegenseitig unterstützen.“ Ony Dve (zu deutsch: „Sie zwei“) wurzelt auf der langjährigen Freundschaft zwischen Soňa und Katerina. Doch auch die Karrieren der Frauen spielen eine tragende Rolle. Soňa, die ursprünglich aus der Slowakei kommt, ist nämlich selbst Künstlerin. Kennengelernt haben sich die Freundinnen 1992 an der HBK. Nachdem sich ihre Wege 2001 trennten, fanden sie rund 20 Jahre später wieder in Braunschweig zusammen. Beide sind inzwischen Mütter. „Wir fragten uns, was die Rückkehr nach Braunschweig für uns bedeutet“, erinnert sich Katerina, „uns kam sofort die Idee, dass wir uns jetzt den Traum erfüllen können, einen Ort zu erschaffen, an dem Frau wieder zu sich und ihrer kreativen Kraft kommen kann.“

„Ich hatte aus familiären Gründen mehrere Jahre keine Ausstellungen“, erklärt Soňa, „in professionellen Kreisen muss man jedoch immer etwas vorweisen oder sich erklären. Nun haben wir aber diese Räumlichkeiten und können Frauen eine Chance geben, die aus welchem Grund auch immer ihre Karriere pausiert haben oder neu in die Branche starten wollen.“

Den Galerie-Auftakt im Juni ’21 machte selbstredend Soňa mit ihren filigranen Schmuckdesigns. Im September folgte eine Präsentation der Textilkünstlerin Beata Gerbocova und im Dezember hinterließ die brasilianische Künstlerin Angela Camara Correa ihre beeindruckenden „Spuren“ im Ony-Dve-Ausstellungsraum in der Sonnenstraße.
Neben der Präsentation steht auch das multimediale Storytelling bei Ony Dve im Vordergrund, das Steckenpferd von Katerina als studierte Sprach- und Medienwissenschaftlerin. Experimentelle Formate, lockere Expert:innen-Interviews, Lesungen und Performances umrahmen deshalb die Ausstellungen. „Die Galerie ist eine Spielwiese für Soňa als bildende Künstlerin und für mich als Content Creator“, freut sich Katerina.

 

 

 

 

 

 

 

 

Jeder darf und soll sich an der Arbeit der ausstellenden Künstlerinnen erfreuen – unabhängig von Herkunft, Bildung oder Geschlecht. „Wir wollen niemanden ausschließen. Vor allem nicht die Männer! Unserer Meinung nach ist es wichtig, dass sie diese Problematik von Frauen in der Kunstbranche verstehen“, verdeutlicht Katerina. „Wir schließen auch nicht aus, dass Männer bei uns ausstellen können“, betont Soňa, „wenn ihre Energie und Kunst thematisch zu uns passt, dann sind wir offen dafür. Ihre künstlerische Perspektive auf Frauen ist auch interessant zu sehen.“

Aktuell zeigt die Ony-Dve-Galerie die Ausstellung „Ich höre die Erde flüstern“ der tschechischen Schmuckdesignerin Kristýna Španihelová, in der es vor allem um Materialität geht. Organische Fragmente verbindet sie mit klassischen Materialien wie Metall oder Glas. In filigraner Detailarbeit modelliert Kristýna Torf zu starken Motiven wie Blumenfeldern oder einem neugeborenen Baby. Eine Konversation mit der Erde, die man tragen und anfassen kann.

Im Herbst stellt dann die slowakische Top-Künstlerin Jana Machatová bei Ony Dve aus. Außerdem ist ein interdisziplinäres Projekt in Planung. Die Ideen von Soňa und Katerina sprießen nur so. Gemeinsam haben sie einen Raum geschaffen, um Künstlerinnen sichtbar(er) zu machen.

Fotos Denise Rosenthal

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Geschrieben von Denise Rosenthal

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